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Gemeinsamer Ethik-Unterricht – unser Ziel für NRW!

Die öffentlichen Schulen sollen der freien Entfaltung der Persönlichkeit von Schülerinnen und Schülern dienen. Dazu gehört auch die Entwicklung der Fähigkeit zur freien, selbst-bestimmten Orientierung im Bereich ethischer und religiöser bzw. weltanschaulicher Überzeugungen.

Wir befürworten deswegen nachdrücklich einen gemeinsamen, vom bekenntnisgebundenen Religionsunterricht unabhängigen obligatorischen Ethikunterricht für alle Schüler*innen.

 

In diesem Unterricht sollen sich alle Schüler*innen mit wichtigen Lebensfragen, ethischen Positionen, Religionen und Weltanschauungen beschäftigen. Sie sollen lernen können, ihre religiösen bzw. weltanschaulichen Orientierungen selbstbestimmt zu entwickeln und mit anderen im Dialog Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu entdecken.

 

Ein solcher Unterricht entspricht der soziokulturellen Realität in Deutschland, die durch zunehmende Säkularisierung und religiös-kulturelle Vielfalt gekennzeichnet wird.

 

Staatlicher Ethikunterricht ist der religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet. Das erfordert, dass Humanismus, Atheismus und Agnostizismus im Unterricht prinzipiell den gleichen Stellenwert erhalten wie das Christentum und andere Religionen. Es ist letztlich eine Ausgewogenheit der Behandlung von Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen im Unterricht zu gewährleisten, die den realen Verhältnissen von religiösen und weltanschaulichen Orientierungen in unserer Gesellschaft entspricht. Zudem muss im Ethikunterricht auf der Basis der Werteordnung des Grundgesetzes und der Wissenschaften eine kritische Auseinandersetzung mit fundamentalistischen Positionen und gesellschaftlich destruktiven Erscheinungsformen von Religionen und Weltanschauungen gefördert werden.

 

Auch der Humanistische Verband NRW hat sich die Einrichtung eines obligaten Fachs „Ethik/Religionskunde“ oder „Philosophie –Religion –Orientierung (PRO)“ oder „Ethik, Religionen, Weltanschauungen“  zum Ziel gesetzt, das nicht getrennt nach Konfessionen für alle gemeinsam erteilt wird (HVD-Verfassung Art. 2 (2)). Der Unterricht in diesem Schulfach muss sich strikt an die Prinzipien des Beutelsbacher Konsens "Überwältigungsverbot" und "Kontroversitätsgebot" halten.

 

Ethikunterricht ist kein Ersatzfach für Religion!

 

Anstelle eines für alle Schüler*innen verbindlichen Ethikunterrichtes haben die meisten Bundesländer seit den 1970er Jahren Ersatzfächer oder Wahlpflichtfächer für diejenigen Schüler*innen geschaffen, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen. Diese Fächer tragen Namen wie Ethikunterricht, Philosophieunterricht, Werte und Normen, Lebensgestaltung-Ethik-Religionskunde. In NRW heißt dieses Fach „Praktische Philosophie“. In vielen Bundesländern wird dieser Unterricht nicht an allen Schulen und in allen Klassenstufen angeboten. Da der bekenntnisgebundene Religionsunterricht in erster Linie Glaubensunterricht ist (so auch das Bundesverfassungsgericht), können diese Ersatzfächer keine wirklichen Gegenstücke dazu sein. Sie dienten insbesondere in westlichen Bundesländern eher dazu, die Abmeldungen vom Religionsunterricht gering zu halten. Eine Kritik dieser Ersatzfächer findet sich beim Fachverband Ethik In neuem Fenster öffnen“ in dessen „Denkschrift zum Ethikunterricht In neuem Fenster öffnen“.

 

Diese Ersatzfächer, in der Praxis oft unzureichend mit Ressourcen ausgestattete „Stiefkinder“,  sind daher umzuwandeln in Ethikunterricht als ordentliches, für alle Schüler*innen verbindliches Unterrichtsfach!

 

Aus der Historie:

Hans Maier führte 1973 als Kultusminister in Bayern das Fach Ethik als Ersatzfach ein. Rückblickend sagt der spätere Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken 1991: "Angesichts der leer werdenden Klassen und um der guten Ordnung halber sollten diejenigen, die sich vom Fach Religion abgemeldet hatten ... nicht einfach in Cafés herumsitzen, zum Ärger der anderen Schüler, die noch bei der Stange geblieben waren ... In Bayern haben beispielsweise die ersten zehn Jahre Ethikunterricht dazu geführt, dass die Teilnahme am Religionsunterricht wieder langsam anstieg, der Ersatzunterricht also zu einer Stabilisierung dessen führte, was er ersetzen wollte." (Hans Maier, Einleitung zur Diskussion, in: „Heraus-forderung Ethikunterricht“ – Ethik/Werte und Normen als Ersatzfach in der Schule, hrsg. von Hartmut Zinser, Marburg 1991, S. 53)

Allerdings steht schon in der Bayerischen Landesverfassung von 1946,  Artikel 137: „Für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen, ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der Sittlichkeit einzurichten.“ Das war damals sehr fortschrittlich und ein Unikum in den westdeutschen Länderverfassungen. Es dauerte also genau 27 Jahre, bis dieser Verfassungsauftrag in Bayern umgesetzt wurde. Und es ging nicht nur darum, das „Herumsitzen in Cafes“  zu unterbinden!

 

Nach 1945 nahezu vergessen waren die „weltlichen“, der Reformpädagogik verpflichteten Schulen in der Weimarer Republik, in denen Religion kein Pflichtfach war. In ihnen wurde mit einem weltlichen Moralunterricht experimentiert, der teils Lebenskunde, teils Religionskunde hieß. Einige verstanden sich als religionsneutrale weltliche Gemeinschaftsschulen, einige als dezidiert atheistische Schulen.

Immerhin wurde 1948 die „bekenntnisfreie“ Schule ohne verpflichtenden bekenntnisgebundenen Religionsunterricht als Option ins neue Grundgesetz aufgenommen; realisiert wurde sie in Westdeutschland, das sich nach 1945 mit breiter Mehrheit wieder als Teil des „christlichen Abendlandes“ verstand,  nicht.

 

Und die „praktische Philosophie“ als Ersatzfach wurde in NRW erst in den 1990er Jahren eingeführt; bis dahin saßen alle Schüler*innen, die sich vom Religionsunterricht abgemeldet hatten, „im Cafe“ oder irgendwo beim „Heidenhüten". In den NRW-Grundschulen sitzen sie noch immer dort.

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